6. Aarbecht amplaz Chômage

Jeder muss von seiner Arbeit menschenwürdig leben können.

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit darf nicht mit der Verwaltung derselben verwechselt werden. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt kann sich nur dauerhaft verbessern, wenn Luxemburgs Wettbewerbsfähigkeit wieder hergestellt und die Staatsfinanzen ins Gleichgewicht gebracht werden.

Die wachsende Arbeitslosigkeit stellt Luxemburg vor große wirtschaftliche Herausforderungen. Mehr Arbeitslose heißt ein Verlust an Kaufkraft und eine Belastung der öffentlichen Haushalte.

Vor allem bringt Arbeitslosigkeit viel menschliches Leid mit sich. Die ADR möchte den Menschen die Angst vor der Zukunft nehmen und die Arbeitslosigkeit resolut bekämpfen. Besonders in Krisenzeiten muss auf sozialen Zusammenhalt geachtet werden.

Die ADR verweist hier auch auf Vorschläge in anderen Kapiteln dieses Wahlprogramms, die darauf abzielen weniger qualifizierten Mitmenschen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu bieten. Dazu ist die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, im Gesundheitswesen oder im Bereich der Logistik in besonderem Maße geeignet, da in diesen Sektoren neben den qualifizierten Arbeitsplätzen zum Teil auch eher simplere Gesten von den potentiellen Arbeitnehmern abverlangt werden.

Auch wenn die ADR eine Flexibilisierung in vielen Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen herbeiführen möchte und für einen Mentalitätswandel in unserer Gesellschaft eintritt, so wendet sie sich doch gleichzeitig auch gegen eine Prekarisierung des Arbeitsmarkts. Unbefristete Verträge und ein zuverlässiger Schutz für die Arbeitnehmer und ihre Vertreter, insbesondere vor ungerechtfertigten Entlassungen (licenciements abusifs), sollen die Regel bleiben. Dies ist auch im Interesse der Wirtschaft, denn Menschen mit einer gesicherten Zukunftsperspektive möchten auch eine Familie gründen, in eine Wohnung investieren und einen angemessenen Lebensstandard haben.

Die ADR verweist auch auf ihre Vorschläge im Kapitel über die Wohnungspolitik, die beabsichtigen, dass Menschen die unverschuldet in die Arbeitslosigkeit geraten, nicht auch noch ihre Wohnung verlieren. Die ADR appelliert hier auch an das Verantwortungsbewusstsein der Kreditinstitute.

Die ADR wird Betriebe unterstützen, die ihre Attraktivität durch familienfreundliche Maßnahmen steigern wollen, z. B. durch flexible Arbeitszeiten, Eingliederung einer innerbetrieblichen Kindertagesstätte, usw.

Darüber hinaus wird die ADR folgende Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit treffen:

1. Sofortige Massnahmen

Sofortige legislative Massnahmen

– Die ADR wird die Préretraite-solidarité weiterführen.

–  Sie wird die Gesetzgebung über betriebliche Konkurse so anpassen, dass der Staat alles unterlässt, was Betriebe, die sich ohnehin schon in schwierigen Situationen befinden, z.B. aus rein konjunkturellen Gründen, auch noch in eine Zahlungsunfähigkeit hineintreiben könnte. Wirtschaftsministerium, Steuerverwaltung und Sozialversicherungen müssen in solchen Fällen verstärkt vernetzt arbeiten.

– Die Gesetzesbestimmungen über die berufliche Wiedereingliederung (reclassement, réinsertion, aide au réemploi) wird stark vereinfacht. Die Prozeduren werden harmonisiert und transparenter.

– Betriebe, die Langzeitarbeitslose sowie Arbeitslose über 45 Jahre einstellen, werden steuerlich begünstigt.

– Die ADR wird Zeitsparkonten und flexible Modelle für einen progressiven Pensionsantritt einführen, sofern diese positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zeitigen.

–  Die berufliche Weiterbildung wird so organisiert, dass auch eingeschriebene Arbeitslose an solchen Kursen teilnehmen können oder sogar müssen.

– Die Beschäftigungsinitiativen werden aufgelöst. Im Gegenzug wird die ADEM dafür sorgen, dass möglichst viele der Menschen, die bisher von solchen Initiativen beschäftigt wurden, den Weg zurück auf den ersten Arbeitsmarkt finden. Betriebe, die solchen Menschen eine Chance geben, sollen großzügig unterstützt werden. Nur diejenigen, die keine Chance  auf dem ersten Arbeitsmarkt haben, sollen über Konventionen mit Staat und Gemeinden von der öffentlichen Hand beschäftigt werden.

– Unqualifizierte Arbeitssuchende sollen die Möglichkeit erhalten über einen contrat d’initiation-emploi mit staatlicher Hilfe eine Chance in Betrieben zu erhalten.

Effiziente Missbrauchsbekämpfung:

– Der Begriff der zumutbaren Arbeit (travail approprié) wird neu definiert und die Regeln werden strenger gefasst.

– Bei fiktiven Arbeitsverträgen für EU-Ausländer wird es ab sofort keinerlei Leistungen mehr geben. Die EU-Partnerstaaten werden unverzüglich von solchen Maßnahmen informiert. Der organisierte Tourismus zum Missbrauch der luxemburgischen Sozialsysteme wird strafrechtlich konsequent verfolgt. Auf diplomatischer Ebene werden Vertragsänderungen verhandelt.

–  Der Kampf gegen die Schwarzarbeit wird verstärkt.

– Ausländische Betriebe, die hierzulande ihre Dienste anbieten, werden ebenfalls verstärkt überprüft. Es darf kein Sozialdumping durch solche Betriebe geben.

Sofortige administrative Reformen :

– Der Freiwilligendienst für Jugendliche wird deutlich stärker gefördert mit dem Ziel sehr viel mehr Jugendlichen solche Möglichkeiten anzubieten. Der Service volontaire civique wird um die Möglichkeit erweitert in den Rettungsdiensten arbeiten zu können. Die Jugendlichen können so schon früh Verantwortung übernehmen und berufliche Erfahrungen sammeln.

– Die ADEM muss über genügend qualifiziertes Personal verfügen.

– Die ADEM wird so organisiert, dass stets erfahrene Spezialisten aus verschiedenen Wirtschaftszweigen als Ansprechpartner verfügbar sind (Handwerk, HORESCA, usw.). Die Funktionsweise der ADEM muss optimiert werden. Hierzu müssen die einzelnen Abteilungen besser koordiniert werden: Angebote, Ausbildungen, Angebote müssen für jeden einzelnen Arbeitssuchen klar erfasst und für jeden Vermittler nachvollziehbar sein.

– Die ADEM wird verstärkt mit der Armee und der Polizei zusammenarbeiten um geeignete Kandidaten für solche Karrieren zu identifizieren. Auch für andere Sektoren könnte die Vermittlungsarbeit der ADEM einen zunehmend proaktiven Charakter erhalten.

– Die ADEM wird an Diskussionen über Schulreformen in der Berufsausbildung beteiligt.

– Die Jugendgarantie soll zügig und umfassend umgesetzt werden. Jugendliche sollten möglichst schnell nach dem Verlassen der Schule, sofern sie keinen Arbeitsplatz finden, wenigstens eine sinnvolle Beschäftigung haben.

– Arbeitslose sollen vermehrt zu Arbeiten im öffentlichen Interesse herangezogen werden. Idealerweise sollten Arbeitslose entweder sinnvoll beschäftigt werden oder an Weiterbildungen teilnehmen.

– Die ADR wird vermehrt darauf achten, dass die gesetzlichen Bestimmungen zur Einstellung behinderter Mitmenschen im öffentlichen Dienst befolgt werden.

Nötige weitere Schritte

– Die ADR wird in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft Modelle ausarbeiten um die Wiedereingliederung der Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt zu begünstigen. Denkbar sind z.B. degressive finanzielle Unterstützungen. Hierbei ist aber wichtig dafür zu sorgen, dass solche Modelle nicht zu Missbrauch seitens einzelner Betriebe führen. Daher muss an die Möglichkeit obligatorischer Einstellungen gedacht werden, wenn ein Betrieb z.B. zwei Jahre lang von stark subventionierten Arbeitskräften profitiert hat.

– In den Hauptherkunftsländern der Immigranten wird verstärkte Aufklärungsarbeit über den Arbeitsmarkt und das Leben in Luxemburg geleistet. Die Menschen sollen keine falschen Vorstellungen über die Realitäten haben, wenn sie sich dazu entschließen ihr Glück in Luxemburg zu probieren.

– Die ADR fördert Berufspraktika für junge Menschen um ihnen zu ermöglichen erste Erfahrungen zu sammeln. Solche Praktika sollten aber grundsätzlich bezahlt werden, sozialversicherungspflichtig sein und nach Abschluss mit einem Zertifikat dokumentiert werden.

– Unabhängige (liberale Berufe) und ihre Familienangehörigen sollen ebenfalls besser vor Schicksalsschlägen und eventueller Arbeitslosigkeit geschützt werden. Die ADR wird zusammen mit den Vertretungen dieser Berufe Verbesserungen für die soziale Absicherung der Freiberufler ausarbeiten.

2. Grundlegende Reformen zur Bekämpfung der strukturellen Ursachen der Arbeitslosigkeit

– Eine der wichtigsten Ursachen für die Arbeitslosigkeit ist der Zusammenbruch des traditionellen, luxemburgischen Schulsystems. Dem jahrelangen „nivellement vers le bas“ muss dringend Einhalt geboten werden.  Es kann nicht sein, dass Grenzgänger immer öfter weit bessere Qualifikationen ausweisen können als die Absolventen der hiesigen Schulen. Der Wert der luxemburgischen Abschlussdiplome muss wiederhergestellt werden. Die ADR führt ihre Vorschläge zur Verbesserung des Schulsystems in dem diesbezüglichen Kapitel aus.

– Die ADR möchte, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und den Schulen, einen Mentalitätswandel in der Gesellschaft mit herbeiführen. Die Menschen sollten wieder mehr Freude an einer Karriere in der freien Wirtschaft finden. Die Schulen sollen unternehmerische Talente fördern. Dazu gehört natürlich auch, dass der Staat seine Regulierungswut merkbar zurückschraubt und den Betrieben wieder deutlich mehr gestalterischen Freiraum lässt.

– Die Berufsorientierung muss deutlich verbessert werden. Mathematische, naturwissenschaftliche und technische Ausbildungswege sowie das Handwerk sollen deutlich aufgewertet und stärker beworben werden. Die Ausbildungswege im Handwerk müssen ständig verbessert und den neuesten Entwicklungen angepasst werden. Für neu entstehende Berufe, etwa im Flug- und Transportwesen, müssen auch möglichst schnell adäquate Ausbildungswege angeboten werden. Die Berufsorientierung sollte als Ziel haben das Angebot und die Nachfrage, vor allem in den handwerklichen Berufen, besser aufeinander abzustimmen. Auch im Bereich des Hochschulwesens sollte durch eine gute und individuelle Beratung versucht werden, die Zahl der Studienabbrecher merklich zu verringern.

– Die inner- und außerbetriebliche Weiterbildung muss kontinuierlich ausgebaut werden. Angebote der Berufskammern oder Projekte im Zusammenhang mit den „Lifelong learning“- und „Lifewide learning“-Konzepten sollen mit den innerbetrieblichen Anstrengungen möglichst weit in Übereinstimmung gebracht werden um Synergien zu schaffen.  Die ADR sieht die beständige Weiterbildung aller Arbeitnehmer als wichtigen Bestandteil in der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Der Akzent in der Weiterbildung wird deutlich auf Ausbildungen gelegt die unmittelbar berufsbezogen sind.

– Die ADR legt auch Wert darauf, dass in den Schulen Tugenden wie etwa Höflichkeit, Pünktlichkeit, Strebsamkeit  und Sauberkeit wieder stärker beachtet werden. Disziplin ist kein Makel, sondern eine der besten Garantien für ein erfolgreiches Leben.

– Die Immigrationspolitik wird auf europäischer Ebene und notfalls im nationalen Alleingang reformiert. Die Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU soll mit sprachlichen Auflagen verknüpft werden. Es ist in der Tat zu bedenken, dass fast die Hälfte der Langzeitarbeitslosen in Luxemburg weder Luxemburgisch noch Französisch sprechen, und daher quasi nicht zu vermitteln sind. Viele der neu zugewanderten EU-Ausländer sind binnen kürzester Zeit arbeitslos – derzeit mindestens ein Drittel – was wohl auch mit fiktiven Arbeitsverträgen zusammenhängt. Luxemburgs Sozialversicherungssystem kann aber nicht zum Auffangbecken für die massiven Probleme in anderen Teilen Europas werden. Ziel der Reform muss es daher sein, dass nur noch Menschen zuwandern dürfen, die einen positiven Beitrag zum nationalen Arbeitsmarkt leisten. Wohl sollte die Mobilität der Arbeitnehmer  gesteigert werden, jedoch nicht durch gesamteuropäische Projekte, die den Druck auf den luxemburgischen Arbeitsmarkt noch weiter erhöhen würden. Eine vollständige Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt, so wie sie der Europäischen Kommission vorschwebt, lehnt die ADR daher entschieden ab.

– Die ADR wird auf europäischer Ebene konsequent für die Einführung sozialer Mindeststandards eintreten. Dies senkt den Zuzugsdruck auf den luxemburgischen Arbeitsmarkt und gleichzeitig auch das Risiko von betrieblichen Delokalisierungen.

– Die ADR wird auch die Problematik der Langzeitarbeitslosen neu untersuchen. Menschen mit besonderen gesundheitlichen oder sozialen Problemen, wie etwa Depressionen, Drogensucht oder  Überschuldung, sollen in Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienststellen unterstützt werden um sie wieder für den Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu machen. Menschen mit ungenügenden fachlichen Qualifikationen müssen über für sie individuell denkbare Bildungsmöglichkeiten informiert werden. Dazu gehört auch der Luxemburgisch– sowie eventuell der Französischunterricht. Möglichkeiten zur Schaffung von unqualifizierten und wenigstens zeitweise subventionierten Arbeitsstellen für solche Menschen müssen ebenfalls geprüft werden. Es ist für den Staat immer noch sinnvoller Arbeit zu subventionieren als Langzeitarbeitslosigkeit zu finanzieren.